7 von 10 Zeitungs-Kommentaren sind gegen Vermögenssteuern

Welche Rolle spielt die mediale Berichterstattung in der Debatte zur Vermögenssteuer? Eine Momentum-Analyse von hunderten Zeitungskommentaren zeigt: Vermögenssteuern werden in den Medien überwiegend ablehnend beurteilt, während die Bevölkerung in Meinungsumfragen das Besteuern von Vermögen mehrheitlich befürwortet.

Österreich gehört zu den Ländern mit der ungleichsten Vermögensverteilung in der Europäischen Union. Vermögenssteuern werden politisch immer wieder diskutiert, höhrere vermögensbezogene Steuern etwa auch wiederholt von der OECD empfohlen - bislang ohne Umsetzung. Auch die Erbschaftssteuer lief bekanntlich 2008 aus. Das Momentum Institut hat in einer neuen Studie die Haltung der Medien in der Diskussion um die Vermögenssteuer analysiert.

Die Grundlage der Analyse bilden alle Kommentare aus fünf großen österreichischen Tageszeitungen im Zeitraum von 2005 bis 2020. Dabei zeigt sich durchgehend eine ablehnende Haltung von Kommentator:innen zur Vermögenssteuer. In 69 % der Kommentare mit Argumenten oder Wertungen, die den Autor:innen zurechenbar sind, werden Vermögenssteuern überwiegend ablehnend beurteilt.

Die Intensität der Berichterstattung hängt eng mit innenpolitischen Auseinandersetzungen und sozio-ökonomischen Krisen zusammen. Die Debatte nahm nach der Finanz- und Wirtschaftskrise an Fahrt auf und hatte ihren Höhepunkt in der Steuerreform-Debatte 2014. Innerhalb der Debatte schreiben Journalist:innen der Tageszeitungen rund 76 % und Männer 86 % der Kommentare.

#Wie ist Corona-Arbeitslosigkeit verteilt?

Die Corona-Krise traf bei weitem nicht alle gleich. Während die obersten Einkommen weder zu Beginn der Krise noch fast ein Jahr danach viel von der Krise mitbekommen, ist die Arbeitsmarktsituation für viele im unteren Bereich der Verteilung immer noch dramatisch.

Menschen aus unteren Einkommensgruppen waren von Beginn an von viel höherer Arbeitslosigkeit betroffen und auch weitaus häufiger in Kurzarbeit. Damit einher geht auch ein Einkommensverlust, der im Falle von Arbeitslosigkeit einen Einbruch von bis zu 45% bedeuten kann. Während beinahe 10% der Personen mit niedrigem Einkommen ihren Job verlor, waren nur 0,6% der Bestverdienendsten betroffen. Das Risiko, arbeitslos zu werden, war für niedrige Einkommensgruppen also um das 17-fache erhöht.

Bezieht man neben Arbeitslosigkeit auch Kurzarbeit und den Rückzug vom Arbeitsmarkt in die Analyse mit ein, waren im unteren Bereich der Verteilung beinahe die Hälfte aller Personen von der Krise betroffen – im obersten Zehntel nur jede:r sechste.

Im Verlauf der Krise hat sich die Situation für niedrige Einkommensgruppen kaum verbessert. Zudem zogen sich mehr Menschen vom Arbeitsmarkt zurück: Bei den höheren Einkommen waren das vor allem Österreicher:innen, die in Pension gingen – bei den unteren Einkommen hauptsächlich Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, die in ihre Heimatländer zurückkehrten.

#Öffentliche Konzernsteuererklärung

Europa entgehen jährlich Milliarden Euro durch Steuervermeidung von Konzernen. Nach fünf Jahren Blockade wurde gestern das „public Country-by-Country-Reporting“ (pCBCR) auf EU-Ebene durchgesetzt. Die öffentliche Konzernsteuererklärung soll Transparenz schaffen und Konzerne davon abhalten, Gewinne in andere Länder zu „verschieben“ und Steuern wirklich dort zu bezahlen, wo Profit gemacht wird. Das pCBCR verpflichtet nun Konzerne dazu, ihre Daten zu Gewinn und Mitarbeiter:innen pro Land in „Steueroasen“ ­offenzulegen.

Allerdings gilt die Transparenzpflicht einerseits nur für Konzerne mit mehr als 750 Mio. Euro Jahresumsatz innerhalb der EU. Andererseits müssen nur Daten zu jenen Ländern veröffentlicht werden, die auf der „grey“ und „black list“ der EU stehen. Da keine europäischen Länder Teil der Liste sind, müssen Konzerne Gewinne innerhalb der EU nur aggregiert veröffentlichen. Auch europäische Steueroasen (wie Luxemburg, Malta, Irland) stehen nicht auf der Liste. Am Weg zu Steuertransparenz ist der Beschluss des pCBCR also erst der Anfang.

Die EU beschließt endlich das public Country-by-Country-Reporting für mehr Steuertransparenz. Ziel: Steuervermeidung entlarven. Unternehmen sollen veröffentlichen, in welchen Ländern sie wieviel Steuern zahlen. Ein Blockierer bisher: Österreich - trotz Milliarden-Schaden.

#Paper der Woche

Die Ungleichheit zwischen Einkommen und Vermögen steigt an. Aber auch Energieverbrauch ist ungleich verteilt. Warum das besonders in der Klimakrise von Bedeutung ist, erklärt Momentum-Ökonomin Lisa Hanzl mit dem #PaperderWoche. Noch immer haben rund 1 Mrd. Menschen keinen Zugang zu Elektrizität. Doch ärmeren Menschen Energieversorgung zu ermöglichen, muss nicht gegen Klimaziele verstoßen. Es ist der Verbrauch der reichen Länder, der verringert werden muss.

Yannick Oswald, Anne Owen und Julia K. Steinberger haben sich die globale Verteilung des Energieverbrauchs genauer angesehen und zeigen, dass die Hälfte der Menschen zusammen weniger Energie verbraucht als die Top-5%. Ist Einkommen in einem Land ungleich verteilt, dann ist der Energieverbrauch meist noch ungerechter aufgeteilt. Die Autor:innen schlussfolgern, dass diese Ungleichheit das Erreichen der Klimaziele nachhaltig erschwert. Die Lösung sehen die Autor:innen in der starken Besteuerung, Kürzung und dem Ersatz von Luxusgütern mit hohem Energieverbrauch und mehr Umverteilungsmaßnahmen in den anderen Verbrauchskategorien.

#Momentum in den Medien

Die Presse schreibt über die Mai-Zahlen am Arbeitsmarkt und bezieht sich dabei auf eine Momentum-Analyse: „Die Coronakrise auf dem Arbeitsmarkt hat vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen getroffen", sagt Momentum-Ökonom Mattias Muckenhuber.

Vermögenssteuern werden in den Medien überwiegend ablehnend beurteilt, zeigt eine neue Momentum-Studie. Wir sehen, dass „es auf der einen Seite Mehrheiten für eine Vermögenssteuer in der Bevölkerung gibt und auf der anderen Seite die veröffentlichte Meinung, die stark von dieser Befürwortung abweicht“, sagt Momentum-Fellow Quirin Dammerer auf Ö1.

Finanzminister Blümel will Fremdkapital und Eigenkapital steuerrechtlich gleichstellen, berichten unter anderem die Wiener Zeitung, zackzack.at und finanzen.at. „Das halte ich für wenig zielführend“, sagt dazu Momentum-Chefökonom Oliver Picek. Davon profitieren würden große, gewinnträchtige Unternehmen mit guter Eigenkapitalausstattung.

Falter-Herausgeber Armin Thurnher schreibt über die WIFO- und IHS-Besetzungen und erwähnt dabei auch Momentum als Beispiel dafür, dass wir noch nicht alle im Neoliberalismus leben.

#Termine

Montag, 7.6., 16.00-17.30 Uhr: IHS Seminar: Max Kasy: Piloting new social safety nets: Evaluation of a job guarantee program and of a basic income program. Online, Anmeldung

Dienstag, 8.6., 18.00 Uhr, ANMELDUNG bis 7.6.: Forum des Forschungsnetzwerks "Heterogenität und Kohäsion" an der Uni-Graz: Auf den Spuren des Gender Pay Gap. Online, Anmeldung

Mittwoch, 9.6.,17.00-18.00 Uhr: JKU-Forschungsseminar des Instituts für Volkswirtschaftslehre mit Juliana Londoño-Vélez (University of California): "The impact of diversity on distributive perceptions and preferences for redistribution". Online, Anmeldung

Mittwoch, 9.6., 18.30 Uhr: Gesellschaft für Plurale Ökonomik Wien: Warum braucht es Pluralismus in den Wirtschaftswissenschaften? Online

Mittwoch, 9.6., 18.00 Uhr: Attac-Diskussion: Patente freigeben - Pandemie beenden: So schaffen wir das! Online, Anmeldung

Donnerstag, 10.6., 14.30-16.00 Uhr: IHS-Vortrag: Die Genderdimension in Forschung und Innovation. Online

Donnerstag, 10.6., 18.00-20.00 Uhr: Gender in der Krise – Geschlechterkritische Perspektiven auf die Pandemie und ihre Effekte u.a. mit Momentum-Ökonomin Lisa Hanzl. Online