Corona-Hilfen führten zu Überförderung von Unternehmen

Die Höhe von Österreichs Unternehmenshilfen hat durch die Corona-Krise absolutes Rekord-Niveau erreicht, zeigt ein Vergleich des Momentum Instituts. Die hohe Gesamtsumme bedeutet jedoch nicht, dass allen geholfen wird. Stattdessen hat die Gestaltung der Hilfen systematische Überförderungen verursacht.

Fast fünf Prozent des BIP gingen in Österreich 2020 als Subvention an Unternehmen. Österreich hat damit im Verhältnis zum BIP mehr als jeder andere Staat in der EU-Datenbank AMECO ausgegeben - etwa auch mehr als das Dreifache der Subventionen in Deutschland.

Bereits vor der Krise, 2019, erreichten die Unternehmens-Subventionen einen Höchststand von über 4 Milliarden Euro. 2020 wuchsen sie auf 18,2 Milliarden Euro an.

Der einseitige Fokus des österreichischen Anti-Krisen-Programms auf Unternehmenshilfen führte einerseits zu Überförderungen. Andererseits sind hohe Mitnahmeeffekte und Zufallsergebnisse zu beobachten, bei denen Händler mit Filialnetzen je nach Unternehmensstruktur unterschiedlich behandelt werden. Zu kurz kommt die Stützung der Nachfrage über die Konsument:innen sowie Hilfen für Arbeitslose. Auch Österreichs Beitrag zum EU-gestützten Wiederaufbauplan setzt statt auf neue öffentliche Projekte stark auf Subventionen für Unternehmen.

#ATX-Konzerne: Mehr Töchter im Sumpf

Die Zahl der Tochterfirmen der ATX-Unternehmen in Steuersümpfen hat im Vorjahr zugenommen, zeigt eine aktuelle Momentum-Auswertung. 2020 verfügten die Konzerne über zumindest 193 Tochterfirmen, legt man die Steuersumpf-Definition der internationalen NGO Oxfam zugrunde. 2019 waren es 190. Auch nach dem Corporate Tax Haven Index (CTHI) des Tax Justice Network halten die Unternehmen deutlich mehr Beteiligungen in Steuersümpfen. Dafür sind allerdings geänderte Definitionen hauptverantwortlich.

Auch in Niedrigsteuerländern mit einem nominalen Steuersatz von unter 10 % sind Österreichs ATX-Unternehmen mit 136 Tochterfirmen weiterhin aktiv. Bezieht man Länder mit einem Steuersatz bis 15 % mit ein, verdoppelt sich die Anzahl der Beteiligungen beinahe. Das hat sich trotz Krise nicht geändert, belegen die Geschäftsberichte von 17 der 20 ATX-Unternehmen.

Steuersümpfe gibt es nicht nur in der Karibik, sondern auch in Europa. Der Schaden für die Allgemeinheit, der durch das Verschieben von Gewinnen in Steuersümpfe entsteht, wird nur für Österreich auf mehr als 700 Mio. Euro geschätzt.

Gleichzeitig schütten ATX-Unternehmen während der Corona-Krise trotz Jobabbaus hohe Dividenden aus. Das belegen die Geschäftsberichte der Unternehmen. Während 2020 insgesamt 950 Jobs abgebaut wurden, bekommen die Anteilseigner:innen der ATX-Unternehmen in den Jahren 2020 und 2021 rund EUR 4,2 Mrd. als Dividenden ausgeschüttet.

#Paper der Woche

Vergangenen Samstag haben sich die 7 führenden Industrieländer (#G7) auf ein Grundgerüst für eine globale Mindeststeuer von 15% für Großkonzerne geeinigt. Einen weiteren Vorschlag für mehr Steuergerechtigkeit erklärt Momentum-Ökonomin Anna Pixer mit dem #PaperderWoche. In dem Paper debattieren Gabriel Zucman und Emmanuel Saez einen neuen Ansatz zu Konzernsteuern: Sie sprechen sich für die jährliche Besteuerung von 0,2 % des Aktienwertes von börsennotierten Unternehmen mit Sitz in einem G20-Land aus. Da die Marktkapitalisierung von börsennotierten Unternehmen in G20-Ländern etwa 90 Billionen USD beträgt, könnten selbst durch diesen geringen Steuersatz jährlich Einnahmen von 180 Mrd. USD generiert werden. Die dringende Notwendigkeit zur Konzernbesteuerung sehen die Autoren einerseits durch die Frage der Zahlung der Corona-Krisenkosten. So gibt es u.a. mit manchen Konzernen eindeutige Krisengewinner, die so zumindest einen Teil zur Krisenbewältigung beitragen könnten. Andererseits hätte eine Steuer auf börsennotierte Unternehmen einen positiven Effekt auf Einkommens-/Vermögensungleichheiten.

We propose to institute a newtax on corporations’ stock shares for all publicly listed companies headquartered in G20countries. Every year, each company would have to pay 0.2 percent of the value of its stock in taxes. As the G20 stock market capitalization is around $90 trillion, the tax would raise approximately $180 billion each year.

#Vermögenssteuern? Mehrheit dafür, Medien dagegen.

Seit Jahren gibt es eine klare Mehrheit für Vermögenssteuern in der Bevölkerung, doch in den Medien liest man fast nur Kommentare, die dagegen sind, wie eine aktuelle Studie zeigt.. Diesem Thema widmet sich Barbara Blaha im Videoblog "Moment Mal".

Vermögenssteuern? Mehrheit dafür, Medien dagegen - Moment mal mit Barbara Blaha

#Momentum in den Medien

Die Zahl der Tochterfirmen von ATX-Unternehmen in Steueroasen ist gestiegen. „Steuersümpfe gibt es nicht nur in der Karibik, sondern auch in Europa“, sagt Momentum-Chefökonom Oliver Picek in der Presse.

Das Industrie Magazin berichtet über die Arbeitslosenzahlen und weist auf die ungleiche Verteilung der Corona-Arbeitslosigkeit hin, auf die eine Momentum-Analyse aufmerksam macht.

Mit „zu wenig“ (etwa für kleine Selbstständige), „zu spät“ (z. B. Ausfallbonus) und „zu bürokratisch“ (z. B. Steuerberaterpflicht), kritisiert Oliver Picek die Corona-Hilfen im Kurier (€). Bei der Coronahilfe wurden Firmen teilweise überfördert, während Arbeitnehmer:innen zu kurz gekommen seien.

#Termine

HEUTE, Donnerstag, 10.6., 21.10 Uhr: Servus Reportage: Die Corona-Goldgräber: Von Krisengewinnern und Abzockern mit Momentum-Chefökonom Oliver Picek auf Servus TV

Montag, 14.6., 15.00-16.30 Uhr: Forum Finanz: World Development Report 2021, Präsentation und Diskussion. Online, Anmeldung

Montag, 14.6., 18.00-20.00 Universität Klagenfurt: Vortrag "Feministische Netzpolitik", Online, Anmeldung

Montag, 14.6., 19.30 Uhr: In Kooperation mit Attac: Special Screening DAVOS – „Hassliebe Kapitalismus“ mit Filmgespräch, Stadtkino im Künstlerhaus, Akademiestraße 13, 1010 Wien

Montag, 14.6., 18.00-19.30 Uhr: Universität Wien-Semesterfrage: How Do We Humans Impact The Planet? Online

Dienstag, 15.6., 19.00 Uhr: Culturcontainer. Wir fragen nach: Wege aus der Krise? Mit Barbara Blaha & Jakob Kapeller. Museum Arbeitswelt, Wehrgrabengasse 7, 4400 Steyr. Anmeldung

Mittwoch, 16.6., 19.00 Uhr: Buchpräsentation: Der Stoff, aus dem wir sind. Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen. Christian Felber, Fabian Scheidler, Moderation: Anna Pixer, Momentum. Rest-Zählkarten.

Donnerstag, 17.6., 17.00-18.30 Uhr: Globale Warenketten und ungleiche Entwicklung, Buchpräsentation und Podiumsdiskussion mit Karin Fischer, Jörg Flecker, Stefan Laser, Christian Reiner und Cornela Staritz. Online, Anmeldung