Eurostat: Wirtschaft erholt sich bisher in Österreich nicht

Gestern öffnete Österreich nach Monaten Gastronomie, Hotellerie und Kultur. Wirtschaft und Arbeitsmarkt sehnen sich nach einem Aufschwung. Wie dringend dieser nötig wäre, zeigen neue Konjunkturzahlen von Eurostat. Im internationalen Vergleich hat Österreich nämlich auch im ersten Quartal 2021 einen der stärksten wirtschaftlichen Einbrüche verzeichnet. Um 2,7 Prozent sank die reale Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Da sich der Beginn der Pandemie und die ersten Lockdowns bereits in 2020 niederschlagen, hat das Momentum Institut zusätzlich einem Vergleich mit dem ersten Quartal 2019 unterzogen. Der Einbruch der Wirtschaftsleistung erweist sich in der Folge als umso dramatischer. In Österreich schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorvorjahr um 6,2 Prozent.

Österreich gehört in Europa zu den Ländern mit den höchsten Tourismusanteilen an der Wertschöpfung. Der direkte Beitrag zum BIP betrug 2019 knapp 6 Prozent. Lockdowns und Reisewarnungen machen sich dadurch verstärkt bemerkbar. Für das Vorjahr hat das Momentum Institut errechnet, dass der Tourismus nur für rund ein Viertel des überdurchschnittlichen Wachstumseinbruches verantwortlich war. Ebenso große Anteil können dem Pandemiemanagement und den gesundheitlichen Auswirkungen des Virus zugeschrieben werden. Der Hauptgrund für die schlechten Wachstumszahlen ist jedoch der Einbruch des privaten Konsums durch viele Tage im „harten“ Lockdown.

#Ungerechte Teuerung

1,9 % Inflation im April. Knapp ein Drittel der Teuerung ist den Preistreibern Wohnen und Energie zuzuschreiben. Der Miniwarenkorb, der einen wöchentlichen Einkauf abbildet, verteuerte sich um 4,5%. Dazu führten vor allem Teuerungen bei Diesel (11,6%) und Benzin (14,2%). Da ihr Anteil am Miniwarenkorb über ein Fünftel beträgt, wirken sich Änderungen der Treibstoffpreise entsprechend stark aus. Grund zur Panik gibt es aufgrund der Inflation nicht. Um konkrete Probleme zu identifizieren und nach Lösungen zu suchen, sollte man jedoch einen Blick auf die Auswirkungen von Inflation auf die Lebenshaltungskosten einzelner Haushaltsgruppen werfen: Je mehr % der Ausgaben eines Haushaltes in Bereiche fließen, in denen die Preise stärker gestiegen sind, desto höher sind auch die Lebenshaltungskosten des Haushaltes gestiegen. Die Preistreiber der letzten Jahre sind hier Mieten und Lebensmittel.

Deutlich weniger gestiegen sind die Preise für Urlaub, Freizeitartikel, oder Unterhaltungselektronik. Das sind aber allesamt keine Güter des täglichen Bedarfs. Was die Daten zeigen: Ärmere Haushalte waren im Schnitt mit einer höheren Inflationsrate konfrontiert als reiche. Vergleicht man den typischen Warenkorb des untersten Einkommensfünftels mit jenem des obersten zeigt sich, dass ersteres einen wesentlich höheren Anteil für Güter ausgibt, deren Preise in den letzten Jahren stärker gestiegen sind.

Zur Veranschaulichung: Ein 100€-Einkauf hat sich für das ärmste Fünftel zwischen 2005 und 2019 um 32€ verteuert. Für das reichste Fünftel hingegen nur um 28€. Die offiziellen Inflationszahlen orientieren sich eher an letzterem.

#Paper der Woche

Wie erreichen wir das Ziel von maximal 1,5 °C Erderhitzung? Anhand des #PaperderWoche von Lorenz Keyßer und Manfred Lenzen erklärt Momentum-Ökonom Quirin Dammerer, warum bestehende Szenarien des Weltklimarats (IPCC) hohe Risiken und Unsicherheiten aufweisen und wie alternative Szenarien aussehen könnten: Der IPCC veröffentlicht regelmäßig Berichte, in denen er die aktuelle Forschungslage zur Klimakrise zusammenfasst und zeigt Szenarien, wie das 1,5 °C-Klimaziel erreicht werden kann. Das Problem: um Wirtschaftswachstum damit zu vereinbaren, werden beispielloser technologischer Fortschritt, Erneuerbaren-Ausbau und kontroverse CO2-Speicherungstechnologien angenommen. Empirisch zeigt sich jedoch damit keine ausreichende absolute Entkopplung von Energie, Emissionen und Wirtschaftswachstum. Die Autoren des Papers entwerfen daher weitere (ergänzende) Szenarien, die sich weniger stark auf technologischen Fortschritt und CO2-Speicherung stützen und das Risiko für das Verfehlen des 1,5 °C-Ziels deutlich verringern. Das open-access Paper gibt es hier.

#Du bist der Unterschied

Die Corona-Krise trifft viele Menschen hart. Gerade jetzt ist es wichtig, dass Politik und Medien auf die Vielen nicht vergessen, die es sich nicht richten können. Damit das nicht passiert, haben wir das Momentum Institut gegründet. Wir sind unabhängig von Großkonzernen, Regierungsinseraten, Banken oder Milliardären. Wir sind aber abhängig von den Vielen - von der Unterstützung von Menschen wie dir. Wenn du unsere Arbeit wichtig und gut findest und es dir leisten kannst, würde uns eine Spende sehr freuen, motivieren und helfen. Jeder Beitrag macht einen Unterschied.

#Momentum in den Medien

Wie lässt sich eine CO2-Steuer sozial gerecht gestalten? Über Maßnahmen zur Rückverteilung: etwa Heiz- und Wohnkostenzuschüsse, einen Mobilitätsbonus oder einen Öko-Bonus, schreibt Momentum-Ökonom Joel Tölgyes in einem Gastkommentar in der Wiener Zeitung.

Der Standard schreibt über die Rezepte der Nationalratsparteien gegen die Arbeitslosigkeit und zitiert dabei die Kritik von Momentum-Chefökonom Oliver Picek an der Aktion „Sprungbrett“ der Regierung.

Trotz der Krise soll der Druck auf Arbeitslose erhöht werden: Der Wirtschaftsbund fordert eine Reduktion des Arbeitslosengeldes. Dabei ist das Arbeitslosengeld jetzt schon „nicht armutsfest“, sagt Oliver Picek in Der Ganzen Woche.

"Schulschließungen ließen Arbeitszeit der Mütter stärker schrumpfen", betitelt die Kleine Zeitung einen Artikel über einen neuen Policy Brief zu Schulschließungen.

#Termine

Dienstag, 25.5., 18.30-19.15 Uhr: Attac-Vortrag und Diskussion: Überreichtum - Gefahr für Demokratie?! mit Martin Schürz. Anmeldung

Mittwoch, 26.5., 9.15 Uhr: FIW-wiiw Webinar: Handelspolitische Schutzmaßnahmen: Balanceakt auf einem schmalen Grat zwischen Schutz und Protektionismus. Anmeldung

Mittwoch, 26.5., 17.00-19.00 Uhr: Economic Policy Forum: Modern Monetary Theory: Diskussionsanstoß oder Patentrezept für die Post-Corona-Welt. Online

Donnerstag, 27.5., 13.00-19.00 Uhr: Evidence-Based Policy Making. A Collaborative Event of WIFO, IHS and CEU. Anmeldung