Krisenbilanz nach 500 Tagen Corona

500 Tage nach dem ersten bestätigten Corona-Fall in Österreich lässt sich eine erste Krisenbilanz ziehen: Seit Pandemiebeginn sind hierzulande über 10.000 Menschen in Verbindung mit Corona verstorben, Überlebende haben vielfach noch mit Langzeitfolgen zu kämpfen. Die Gesundheitskrise hat auch eine beispiellose Wirtschaftskrise ausgelöst.

Um den entstandenen Schaden der Corona-Krise international zu vergleichen, hat das Momentum Institut den Covid-Misery-Index“ berechnet. Bei der Analyse von gesundheitlichen und wirtschaftlichen Indikatoren zeigt sich, dass Österreich im OECD-Vergleich lediglich mittelmäßig abschneidet: Im Schulnotensystem erhält Österreich insgesamt die Note Befriedigend.

Bei den gesundheitlichen Folgen liegt Österreich im Mittelfeld. Seit Pandemiebeginn infizierten sich sieben Prozent der österreichischen Bevölkerung, 119 Personen je 100.000 Einwohner:innen verstarben. Im wirtschaftlichen Bereich schnitt Österreich dagegen sehr dürftig ab. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau schrumpfte die Wirtschaft um 7,5 Prozent. Nur vier Länder stehen noch schlechter da. Auch die Arbeitslosenquote ist nach wie vor fast um ein Fünftel höher als vor der Krise. Auffallend ist, dass Niedriginzidenzländer insgesamt durchwegs gut abschneiden. Dies widerspricht der Ansicht, es ginge bei den Covid-Maßnahmen um eine Abwägung gesundheitlicher und wirtschaftlicher Interessen.

Das schlechte wirtschaftliche Abschneiden Österreichs erschwert auch die Erholung in den nächsten Jahren. Die jüngsten Konjunkturprognosen von WIFO und IHS besagen, dass Österreich frühestens im Jahr 2023 auf den Vorkrisen-Wachstumspfad zurückkehren wird. Das bedeutet permanente Wohlstandsverluste von 54 bis 60 Milliarden Euro.

#Drastische CO2-Einsparung durch Flugreduktion

Der Rückgang an Flügen ab Wien sparte im Pandemiejahr mehr Emissionen ein, als die Grazer Bevölkerung in einem Jahr verursacht: Auf Basis der am häufigsten beflogenen Destinationen von Wien nach Westeuropa, Osteuropa, in den Nahen & Mittleren Osten, sowie auf Langstrecken wurden im Jahr 2019, gewichtet nach Passagierzahlen und Streckenlängen, 4,53 Mio. Tonnen CO2 emittiert. Bei gleichbleibendem Trend für 2020 ergibt das unter Berücksichtigung der Passagierreduktionen ab Wien eine Einsparung von 3,41 Mio. Tonnen CO2.

Um der Klimakrise entgegenzuwirken, müssen wir weniger CO2 emittieren. Die Analyse verdeutlicht, wie stark das Treibhauspotential im österreichischen Flugsektor ist. Um CO2-Einsparungen über die Pandemie hinaus zu schaffen, sind auch nach der Krise Maßnahmen notwendig, um Flugbewegungen drastisch zu reduzieren: weniger unnötige Kurzstreckenflüge, Bepreisung von Treibhausgasen und eindeutige Zuordenbarkeit/Zuweisung von Verantwortung von Emissionen an die jeweils emittierenden Länder.

#Neues EU-Klimapaket

Ein Paket von 12 Gesetzesvorschlägen hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen gestern präsentiert.  Die Maßnahmen schließen Änderungen in Klimagesetzen, CO2-Bepreisungen, Zertifikatehandel und Steuern, etwa auch beim Flugverkehr ein. So sollen bis zum Jahr 2030 EU-weit jährlich nur noch maximal 2,1 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalent ausgestoßen werden. Auf der Momentum-Website findet sich eine erste Schnellanalyse.

Die Europäische Kommission hat mit Fit for 55 einen neuen Plan vorgestellt, wie wir 55% Treibhausgase gegenüber 1990 einsparen sollen. Dabei spielen das Europäische Zertifikathandelssystem und...

#Nebeneinkünfte im Nationalrat

Jede:r Nationalratsabgeordnete bekommt monatlich 9.228 Euro brutto. Eine Grenze für Zuverdienste aus anderen Tätigkeiten gibt es nicht. Die Abgeordneten müssen allerdings jährlich offenlegen, wie viel sie neben ihrer Tätigkeit im Parlament dazuverdient haben. Das Moment Magazin hat sich die Gehälter der österreichischen Poltiker:innen genauer angesehen.

Wie viel verdienen die Nationalratsabgeordneten in Österreich noch zusätzlich zu ihrer Entschädigung? Die aktuellen Zahlen.

#Paper der Woche

Diese Woche geht es im #PaperderWoche um sinnbringende Beschäftigung und den vom Anthropologen David Graeber verbreiteten Begriff der „Bullshit-Jobs“. Momentum-Mitarbeiterin Peri Eraslan sieht nach, ob Graebers Thesen einer näheren Untersuchung standhalten. Laut Graeber sind 20-50% der Jobs sogenannte „Bullshit-Jobs“ – sowohl für die Angestellten als auch die Gesellschaft als Ganzes bedeutungslos. Magdalena Soffia, Brendan Burchell und Alex J. Wood haben dies mit Daten aus EU-weiten Umfragen überprüft. Die Ergebnisse zeigen: Tatsächlich haben nur 4,8% das Gefühl, dass ihre Beschäftigung keinem Zweck dient.

Der Schlüssel ist die Wertschätzung am Arbeitsplatz: Arbeitnehmer:innen, die nicht das Gefühl haben, von ihren Vorgesetzten respektiert zu werden und kein Vertrauen zu ihrem Management haben, geben häufiger an, keiner sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Anstelle von Graebers Empfehlung eines Bedingungslosen Grundeinkommens, um Menschen von diesen „Bullshit-Jobs“ zu befreien, brauche es Gewerkschaften, die toxische Verhältnisse am Arbeitsplatz bekämpfen.

David Graeber’s ‘bullshit jobs theory’ has generated a great deal of academic and public interest. This theory holds that a large and rapidly increasing number of workers are undertaking jobs that ...

#Momentum in den Medien

Panik vor Inflation ist nicht neu. Begründet ist sie auch mit Blick auf die Corona-Krise nicht. Mit einer EZB-Zinserhöhung würde man den Aufschwung drosseln. Stattdessen sollten wir uns lieber um die Arbeitslosen kümmern, warnt Barbara Blaha in einem Gastkommentar im "Profil".

Arbeitskräftemangel wird oft dort ausgerufen, wo es keinen gibt, schreibt Momentum-Ökonom Mattias Muckenhuber in einem Gastkommentar in der Wiener Zeitung. Statt den Druck auf Arbeitslose zu erhöhen, müsste man Gehalt und Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten.

Der „Falter“ (€) hat sich undercover angesehen, was Job-Bewerber:innen in der Bäckereibranche erwartet: niedrige Gehälter, harte Bedingungen und Schlupflöcher gegen Zuschläge. Einige Backwarenverkäufer:innen haben sich deshalb umorientiert und arbeiten jetzt bei besserer Bezahlung im Backshop großer Supermarktketten, sagt Momentum-Chefökonom Oliver Picek.

Am G20-Gipfel vergangenes Wochenende wurde die globale Mindeststeuer beschlossen. Über ihre Einführung diskutierte Picek davor im Falter Radio.

Die EU erwägt, eine Kerosinsteuer einzuführen. In Wien gestartete Flüge verursachten 2019 rund 4,53 Mio. Tonnen an Treibhausgasen, erklärt Momentum-Ökonomin Anna Pixer im "Standard".

#Termine

Freitag, 16.7., 16.00-17.00 Uhr: Kingston University: PERG Summer Seminar Series: Hanna Szymborska (Birmingham City University) “Understanding gender wealth inequality in a changing institutional context”. Online, Anmeldung

Mittwoch, 21.7., 10.00 Uhr: IHS Präsentation: Konjunkturprognose der österreichischen Wirtschaft 2021-2025. Online

Weitere Termine findest du in unserem Termin-Überblick auf der Website.